Im Rahmen des Reviews über das Nephylim Debütalbum (Severance of Serenity), hat der Schreiber dieser Zeilen die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, die Band im Livebetrieb zu erleben. Diese Gelegenheit war im Rahmen des Bavarian Winter Battles in Rosenheim 2025 gegeben und der Auftritt der Niederländer hat die Erwartungen mehr als erfüllt.
Fünf Jahre nach der Erstveröffentlichung kommt am 7. März 2025 mit Circuition das zweite Studioalbum, ein Konzeptalbum an den Start, bei dem es in den Songs um den Lauf des Lebens, von der Geburt bis zum Tod und den damit verbundenen Schicksalen geht.
Das Album beginnt mit dem Song Travail Pt. I – Anima, der die Ouvertüre des Tonträgers darstellt.
Mit dunklen Tönen im Hintergrund geht es los. Gleichzeitig vermitteln orchestrale Klänge, die durch die Gitarren gefühlvoll melodisch unterstützt werden, dem Stück eine ruhige, bedächtige Stimmung.
Der zweite Track, Travail Pt. II – Animus beginnt mit wuchtig treibenden Gitarren unter Schlagzeugführung und einsetzenden mächtigen Death Vocals. Das Ganze wird im Anschluss unter den melodischen Einfluss der Saiteninstrumente gestellt. Unermüdlich führen markante Growls durch den Song und erzählen
im Rahmen einer Metapher die Geschichte vom Lauf des Daseins. An den Grenzen zwischen Leben und Tod wartet geduldig das Schicksal. Zunächst entsteht ein vergängliches Leben, das auf eine Reise unter Mühsal und Ärger geschickt wird. Irgendwann kommt die Verdunkelung der Nacht und der Kreislauf des Seins endet im Verfall. Ungewiss wohin der Weg führt, ist die Sanduhr abgelaufen. Die Seele und der Geist werden jetzt gequält. Die Trennung des Gleichgewichts ergibt ein Ungleichgewicht. Anima oder Animus?!
Im weiteren Verlauf bleiben die Gitarren weiterhin melodisch und vermitteln dem Hörer zwischendurch immer wieder komplexe Akkorde. Später erfolgt ein ruhiger, gezupfter Gitarrenpart, der in dunkle Vocals mündet, die im Anschluss durch die Saiteninstrumente im Mid-Tempo begleitet werden. Dann kommen wieder ruhige Töne der Gitarren zum Zuge, bevor das Soundbild zum Ende hin wieder „auf Tempo“ geht und mächtig Druck ausübt.
Das nächste Stück ist Amaranth! Das Schlagzeug leitet den Song rhythmisch ein. Die Gitarren kommen in angenehm, melodischer Weise im Mid-Tempo hinzu. Dann wird die Spielgeschwindigkeit erhöht und tiefe Growls setzen ein. Die Saiteninstrumente begleiten im Hintergrund und erzeugen abwechslungsreiche Tonfolgen. Markante Growls werden durch das Schlagzeug vorangetrieben und die Gitarren lassen in ihrer komplexen Spielweise „nicht locker“. Nun spielt sich eine Gitarre in den Vordergrund. Die Growls folgen in dynamisch, aggressiver Weise und bringen den Song zu seinem Ende.
Der Text handelt von einem Protagonisten der sich von sich selbst entfremdet. Stets auf Reisen, findet er den Pfad, den niemand zu betreten wagt. Dort liegen die Überreste des Seins. Entwaffnete Hände der Schöpfung und der Verlust seines Selbst, pflastern diesen Weg, auf den sich niemand zu treten wagt. Das Herz ist gebrochen und die Stunde des Abschlusses ist nah.
Es folgt Grand Denial. Dunkle Growls werden dem Hörer unter Schlagzeugfeuer aggressiv im Tempomodus entgegengeschleudert. Später werden die Saiteninstrumente melodisch, bleiben jedoch komplex im Ausdruck. Unermüdlich erzählen die Growls
vom immerwährenden Chaos. Trostlosigkeit, Katastrophen, Pestilenz, Hunger und Tod beseitigen das Leben. Terrorisiert, verängstigt und mortalisiert, liegt der Körper leblos, begraben unter der Erde. Das ist der Niedergang des Menschen. Die Bande wird ohne Rückkehr getrennt.
Instrumental wird es druckvoll. Es geht in den Tempomodus! Die Vocals setzten ein. Dann übernehmen die Gitarren und schieben sich in den Vordergrund. Unter Führung der Saiteninstrumente geht es in ruhige Gefilde. Später werden die Growls dominant und die Gitarren erzeugen, getrieben durch die Drums, zunächst Volumen und später eine melodische Komponente. Druckvoll wird das Lied instrumental beendet.
Weiter geht es mit dem Titelsong des Albums, nämlich Circuition. Kurze aggressive, todesmetalische Growls beginnen unter temporeichem Einfluss der Saiteninstrumente. Danach führt die Leadgitarre ruhig und melodisch unter dem Einfluss der Cleanstimme weiter. Unter Beibehaltung der Melodie findet danach ein Wechsel zwischen Growl- und Cleanvocals statt. Die Deathvocals wirken jetzt böse im Ausdruck. Später folgt bis zum Songende ein melodisches und dazwischen immer wieder komplexes Gitarrenspiel.
Die Lyrics erzählen von Echos aus fernen Erinnerungen, die wiedergeben was hätte sein sollen, aber niemals sein wird, nämlich das die Wahrnehmung in der Nacht verschwindet, das Tageslicht stirbt und die Mächtigen fallen.
Withered ist das nächste Stück, das mit einem schnelles Schlagzeug- und Gitarrenspiel beginnt.
Die Vocals reihen sich in den Geschwindigkeitsrausch ein und wirken dabei prägnant. Die Saiteninstrumente kommen kurz melodisch dazwischen und es geht mit dunklen Growls weiter. Ein helles Gitarrenspiel ergänzt das Soundbild. Im weiteren Verlauf werden die Vocals von qualvoll bis aggressiv dargebracht. Dazwischen ergänzt eine Cleanstimme das Geschehen. Dann gehen die Instrumente in den Speedmodus und die Growls werden aggressiv. Im Anschluss steuern die Saiteninstrumente in Verbindung mit den Cleanvocals in eine ruhige, melodische Passage. Dann geht das Schlagzeug wieder „zur Sache“ und die Growls, in Verbindung mit hell klingenden Gitarren werden nochmal dominant.
In den Lyrics wird von dem Blick auf einen verdorbenen Geist gesprochen, dessen Herz tief in die Leere geht und alles Leben erstickt. Unsere Zeit ist gekommen, um zwischen den Schatten zu gehen, heißt es im Text. Weiter wird bemerkt, dass man keiner falschen Überzeugung vertrauen soll und vielmehr den Sinn des Inneren finden muss. Auf diese Weise hat man sein Ziel erreicht und kann über den Horizont blicken!
Inner Paradigm beginnt im Mid-Tempo mit aggressiven Growls, einem treibenden Schlagzeug und den Gitarren, die im Verlauf eine melodische Komponente entwickeln. Die Vocals werden tiefdunkel und passen sich der Geschwindigkeit an, brechen dann aber aggressiv und dominant aus. Die Gitarren entwickeln zeitweise interessante, komplexe Züge. Im Verlauf erzeugen die Instrumente Druck und treiben den Sänger an, nicht ohne die melodischen Strukturen zu vernachlässigen. Inzwischen dominieren das Schlagzeug und die Saiteninstrumente. Nach einem Tempowechsel geht es in den ruhigen Bereich. Eine intensive Gitarrenarbeit unter melodischem Einfluss bleibt bis zum Schluss bestehen.
Im Leben ist man manchmal gezwungen, zwischen Empathie oder Verachtung zu wählen, heißt es im Text. Eine Arroganz, die eine Haltung beschleunigt, fühlt sich surreal an. Angezogen durch den Antagonisten, die Wahl zwischen Sympathie und Antipathie, zwischen Wahnsinn und Absurdität, all das erfordert die Suche nach Antworten. Unter einer streitenden Polarität, ist das rechtmäßige Ziel zu erfassen, gebunden durch die Moral.
Fazit:
Nephylim orientiert sich innerhalb ihres Genres an der Spielweise des Göteborger Melodic Death Metals. Bei Circuition, dem zweiten Studioalbum der Niederländer ist ein gefälliges Soundbild innerhalb des melodischen Death Metal entstanden, das zu einem intensiven zuhören einlädt und durch bandspezifische Akzente geprägt ist. Besonders auffällig sind die komplexen Gitarrenparts, sowie die variablen, melodischen Death Metal Vocals, die teilweise mit Clean Voices ergänzt werden. Aggressive Spielweisen werden immer wieder durch melodische Komponenten gefällig abgerundet. Die eingebauten ruhigen Passagen des Albums vermitteln den Hörern zunächst eine angenehme Stimmung, die jedoch bedingt durch die nächste „Growlattacke“ nicht lange anhält. Die Texte sind in Metaphern gestaltet, kryptisch dargestellt und spiegeln wie eingangs erwähnt, den Lauf des Lebens wider. Es handelt sich um ein Album, das man sein Eigen nennen sollte!
Zu erhalten ist der Tonträger als CD, als limitierte Vinyl Ausgabe (200 Stück) oder wenn es sein muss auch zum Herunterladen.
Band | Nephylim |
Album | Circuition |
Titel | 1. Travail Pt. I - Anima 2. Travail Pt. II - Animus 3. Amaranth 4. Grand Denial 5. Circuition 6. Withered 7. Inner Paradigm |
Label | Independent |
Genre | Melodic Death Metal |
Studioalbum | Nr. 2 |
Veröffentlicht | 07. März 2025 |
Herkunft | Niederlande -´s-Hertogenbosch, North Brabant |
Gründung | 2015 |
Members | Tijn Bosters: Vocals Kevin van Geffen: Gitarre, Clean Backing Vocals Ralph Lentink: Gitarre Rens van de Ven: Bass Martijn Paauwe: Schlagzeug |
Verfasst im Februar 2025
von Roland Hesse