CD Review: Mother Augusta – Low Lights

Im schwarzmetalischen Untergrund bewegt sich wieder etwas! Vor ein paar Tagen fand über das Label Black Blood Records die silberne Scheibe des zweiten Studioalbums von Mother Augusta den weg über den Briefkasten in den CD-Player des Verfassers dieser Zeilen. Die Klänge, die dann aus dem Lautsprecher kamen, waren mehr als ansprechend und der Drang, über dieses Werk ein Review zu verfassen war unaufhaltsam. Die vier Bandmembers, die aus der italienischen Region Emilia-Romagna kommen, haben den schwarzmetalischen Tönen unterschwellig eine gehörige Portion Melodie hinzugefügt. Das Album ist mit Low Lights betitelt und vermittelt schon auf dem Cover einen dunklen, düsteren Eindruck.

Der erste Song ist Low Lights und gleichermaßen der Titeltrack des Tonträgers. Die Gitarren kommen zunächst mit Wucht auf die Hörer zu. Dann geht das Schlagzeug auf Tempo und die Screams erzählen von der Sonne, die durch die Dunkelheit verschluckt wird, während der Lärm des Tages nachlässt und eine Stille im Inneren eintritt. Die Schattierungen der Nacht rufen Gespenster aus der Unterwelt hervor die in die Stadt eindringen. Das Stück entwickelt im weiteren Verlauf einen melodischen Hintergrund den vor allem die Saiteninstrumente erzeugen. Dann geht das Schlagzeug „für kurze Zeit auf Speed“. Im Anschluss werden die Tonfolgen harmonisch und der Song wirkt jetzt schleppend und schön atmosphärisch. Die Gitarren spielen sich in den Vordergrund. Rhythmisch und unter melodischen Einflüssen geht es weiter, bevor das Schlagzeug zum Ende hin kurz in den Black Metal Modus übergeht.

Es folgt Clochard Avenue. Die Saiteninstrumente beginnen den Song. Die Leadgitarre spielt eine schöne Melodie ein, während die Screams passend zum Soundbild hinzukommen. Die Gitarren und der Bass führen die Melodilinie im Mid-Tempo weiter. Danach tritt die Leadgitarre wieder Solo in Aktion. Dunkel und basslastig geht es weiter. Die Vocals bleiben bis zum Ende markant.
Im Text geht es um das Schicksal eines Clochard. Mit Schmerzen im Herzen, Kälte in den Knochen, auf dem Bürgersteig bettelnd und dem Gefühl der Verzweiflung, alte Schuhe und abgetragene Kleidung, das sind die vielen grauen Tage eines Clochards. Was übrig bleibt, sind die Gedanken.

Im Song Hikikomori wird von der selbst verordneten Isolation des Protagonisten erzählt. Er berichtet von dem Leben in seiner inneren Welt. Leere Rotweinflaschen, der Verlust des Zeitgefühls, ein Bildschirm als einziges Licht, mit niemanden etwas teilen zu müssen, das alles ist verbunden mit dem Wunsch nach Frieden, den die Isolation bringen soll. „Nur dieser Raum und ich“! Die musikalische Umsetzung der Lyrics erfolgt durch das Schlagzeug und die Saiteninstrumente, die im Mid-Tempo beginnen. Die Screams fügen sich langsam und schleppend in das Geschehen ein. Die Gitarren erzeugen im Hintergrund unterschwellig eine Melodie. Später wird das Soundbild etwas aggressiver, bevor es in dunkle, basslastige Sphären geht. Zum Ende hin spielen sich die Saiteninstrumente in den Vordergrund und wirken wieder sehr melodisch.

Pills ist der nächste Track. Eine Gitarre beginnt mit ruhigen, gezupften Tönen und wird etwas später durch die Leadgitarre unter melodischem Einfluss ergänzt. Im Anschluss erzeugen die Gitarren unter Schlagzeugbegleitung ein voluminöses Soundbild das durch passende Vocals ergänzt wird.
Alles wird wieder wunderbar ruhig durch einen Melodienteppich überzogen.
Der Text behandelt die Einnahme eines Schlafmittels und beschreibt dessen Wirkung. Es heißt beispielsweise „ Stille überall, ich falle in den Schlaf, die Tore der Träume sind offen und die Ängste verstummen.“ Die Pforten der Träume sind offen!

Weiter geht es mit On Earth They Crawl. Hier ist die Rede von tödlichen Mobs, die im Schlamm kriechen. Weiter geht es um Verzweiflung und Wehklagen, um Schmerzen und um Krankheiten.
Die Empathie wird beerdigt, Hass und Elend wird inhaliert! Hier geht es wohl um eine Metapher bezüglich unserer Welt. Dem Text entsprechend beginnt der Song etwas atonal. Dann geht es in den Old School Black Metal Modus über. Nach einem Tempowechsel erzählen die Vocals die Handlung. Das Schlagzeug geht später auf Tempo, die Gitarren halten mit. Dann wird es etwas doomig im Soundbild und die Screams wirken gequält im Ausdruck. Die Gitarren erscheinen im Hintergrund und erzeugen später Volumen. Das Schlagzeug klopft dazu. Der Song schreitet zügig voran. Nach einer Tempoänderung geht es zum Ende hin in ruhige Gefilde.

Wie auch bereits auf dem Mother Augusta Debütalbum Fragile von 2019, damals war es Walking In My Shoes von Depeche Mode, ist auch auf dem Low Lights Album ein Coversong eingefügt.
Mit Coma White von Marilyn Manson hat man einen Klassiker gewählt, der anders wie das Ursprungswerk schon allein durch die stimmlichen Unterschiede zwischen Original und Cover eine interessante Variante darstellt. Eingebettet in Black Metal Strukturen, mit Melodie behaftet, ergibt sich in der Mother Augusta Version ein interessantes Klangbild.

Der nächste Song ist Sundays und wird instrumental dargebracht. Nach einem langsamen Beginn durch die Saiteninstrumente bricht eine Gitarre zu einer Hookline aus und erzeugt hier einen wunderbaren Melodienteppich.

Der finale Song des Albums ist With Eyes Lost In Nothingness. Schlagzeug und Gitarren beginnen langsam, bevor dann ein ansprechendes Volumen erzeugt wird. Die einsetzenden Screams machen einen qualvollen Ausdruck und werden langsam und bedächtig dargebracht. Das Schlagzeug bleibt im Background. Die Vocals befinden sich im Berichtsmodus und erzählen unter rhythmischer Begleitung der Saiteninstrumente von den Augen, die im Nichts verloren sind. Raue Realität des Vorstadtslebens, tote Gassen, tote Wege, Peripherien, wo Kummer und Misere kriechen, Düsternis und Verfall. Illusionen gehören der Vergangenheit an. Die Menschen stehen schweigend vor der Wahrheit. Musikalisch geht es mit „dreckigen“ Screams weiter. Im Verlauf übernimmt die Solo- gitarre und spielt eine schöne ruhige Melodie. Die Screams fügen sich passend ein. Ruhig und bedächtig geht der Song in die finale Phase.

Fazit:
Oftmals gilt es ja als schwierig für eine Band, ihr Debütalbum mit dem zweiten Werk zu toppen. Dies scheint dem Quartett von Mother Augusta hier gelungen zu sein, obwohl das Erstlingswerk schon einen guten Einstand hatte. Mit Low Light haben die Italiener der Metalgemeinde ein Album präsentiert, das eine Symbiose zwischen den Black Metal Strukturen und den melodischen Komponenten bildet. Auffällig sind immer wieder die genialen Gitarrenparts mit den herausragenden Akkorden, die zusammen mit den textauthentischen Screams sehr gut in das Soundbild implementiert sind! Die Kompositionen der einzelnen Tracks strahlen viel Harmonie im Rahmen einer insgesamt dunklen Atmosphäre aus. Die Lyrics sind aussagekräftig und benötigen kaum Interpretationsspielraum. Die Textgestaltungen sind passend zur Musik, meist mit depressiv wirkenden Inhalten ausgefüllt. Man kann den Tonträger öfter hören und entdeckt dabei immer wieder spannende Details. Freunde des atmosphärischen Black Metals sollten sich dieses Album nicht entgehen lassen. Erhältlich ist der Silberling bei Black Blood Records, natürlich in physischer Form!

BandMother Augusta
AlbumLow Lights
Titel1. Low Lights
2. Clochard Avenue
3. Hikikomori
4. Pills
5. On Earth They Crawl
6. Coma White (Marilyn Manson Cover)
7. Sundays (Instrumental)
8. With Eyes Lost In Nothingness
LabelBlack Blood Records
GenreAtmosphärischer Black Metal
StudioalbumNr. 2
Veröffentlicht27. April. 2023
HerkunftItalien / Parma
Gründung2012
MembersMatteo Cordani: Gesang / Gitarre
Matteo Carretta: Gitarre
Alessandro Coletta: Bass
Tomaso Fontanini: Schlagzeug

Verfasst im Mai 2023
von Roland Hesse

 

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