CD Review : Décembre Noir – Your Sunset / My Sunrise

Im Rahmen des fünften Studioalbums von Décembre Noir, das am 13. Oktober 2023 über Lifeforce Records erscheint und den Titel Your Sunset / My Sunrise trägt, wird der Hörer sowohl musikalisch, als auch textlich, durch traurige, schwermütige und depressiv ausgestaltete Sphären geführt. Auf der Suche nach dem inneren Frieden, im Rahmen von nie endenden Depressionen, nehmen die fünf Thüringer Melodic Death Doom Metaler das Metalvolk auf eine Reise durch ihr Album, das sechs „tief dunkel“ ausgestaltete Songs beinhaltet, mit.

Der erste Track lautet Dead End:May. Er beginnt mit Windgeräuschen. Im Anschluss spielen die Gitarren eine gefühlvolle Einleitung und die Growls führen, unterstützt durch die melodisch wirkenden Saiteninstrumente, den Song weiter. Danach geht das Soundbild in die progressive Richtung. Die Vocals erzählen mit Gitarrenunterstützung von der Metapher einer welkenden Rose, einem Gefühl der Kälte sowie den Blick in einen Abgrund. Der Protagonist kann nur schwer die Wahrheit der Geschehnisse in seinem Dasein akzeptieren und schämt sich für seine Schwäche. Am Ende seines trivialen Lebens fühlt er sich nutzlos und schweren Herzens. Seinem geliebten Vater gibt er vor seinem nahenden Tod seine Schwächen preis und sein Leben endet wie ein kleines Papierschiffchen in einem See von Tränen.
Musikalisch erfolgt nun ein Tempowechsel in schöne, langsame Gefilde, geprägt durch die Gitarren.
Nach einer Sprecheinlage und einigen Gitarrenanschlägen setzen sich wieder massive Death Growls durch. Die Gitarren erzeugen dabei einen ausdrucksvollen „Klangteppich“. Im Anschluss werden die Vocals aggressiver und die Saiteninstrumente druckvoll. Das Schlagzeug leistet taktvoll seinen Beitrag, während die Gitarren die Vocals intensiv begleiten. Es finden im Verlauf hier immer wieder interessant eingebaute und meist kurz angedeutete doomige Variationen statt. Im Rahmen eines zum Schluss hin melodischem Soundbild erzählen die Voices die Geschichte zu Ende.

Das folgende Lied ist, wie der Songtitel „Against The Daylight“ schon verrät, der Kampf gegen das Tageslicht. Verlorene Seelen stehen in Flammen. Alle kalten Erinnerungen brennen nieder. Der Ort der Melancholie wird verlassen, um gegen das Tageslicht zu kämpfen. Der brennende Kreis wird sich für immer schließen und die lebenden Gefallenen werden bis zum Ende der Welt gehen. Es sind die letzten Strahlen der untergehenden Sonne. Aus der Asche werden sie gemeinsam wieder auferstehen. Es handelt sich hier wohl um eine Metapher, die das Ende unseres Universums widerspiegeln könnte.
Musikalisch wird die Handlung durch druckvoll beginnende Saiteninstrumente, böse wirkende Growls, sowie ein vorantreibendes Schlagzeug, das zeitweise „auf Tempo“ geht umgesetzt. Die Death Vocals bewegen sich im Verlauf im Mid-Tempo Bereich und vermitteln ausdrucksvoll den Songinhalt. Die Gitarren sind im Hintergrund für den melodischen Part zuständig und bilden nach einem Tempowechsel und einigen Anschlägen in Verbindung mit dem Schlagzeug einen melodisch, instrumentalen Einfluss aus. Dann setzt der Gesang wieder ein und erzielt der Handlung entsprechend, eine tiefdunkle Wirkung. Unterschwellig ist auch hier wieder ein schöner Doomeinfluss verarbeitet. Danach schreiten die Gitarren mit Schlagzeugunterstützung voran. Die Instrumente erzeugen, ergänzt durch die Vocals, bis zum Schluss Volumen und Melodie.

Weiter geht es mit dem Titelsong des Albums „Your Sunset / My Sunrise“. Zu Beginn bilden die Instrumente bereits ein intensives Soundbild. Dann mischen sich die Vocals aggressiv und dunkel in das Geschehen ein. In dem Text geht es um ein inniges Verhältnis, das von Hass und innerer Zerrissenheit erfüllt ist. Es heißt beispielsweise: „Ich kann in dem Moment der Unterdrückung keine Vergebung finden, nicht eine einzige Träne werde ich vergießen, oder ich möchte die Mauern durchbrechen, weil Du die Luft stiehlst. Eines Tages werde ich diese Ketten durchbrechen.
In kryptischer Ausführung wird dargestellt, dass am Ende der unterschiedlichen Ansichten ein sterbendes Licht existiert und es danach „Deinen Sonnenuntergang und meinen Sonnenaufgang“ gibt. Musikalisch findet nun eine Tempoänderung statt und es entwickeln sich melodische Strukturen mittels intensiver Gitarrenarbeit. Im Hintergrund werden die Vocals durch das Schlagzeug unterstützt, wobei die Gitarren den harmonischen Part beibehalten und etwas später in den „schleppenden“ Doombereich vordringen. Weiterhin halten die Vocals und die Saiteninstrumente ihren melodischen Einfluss aufrecht. Der Gesang wirkt jetzt tiefdunkel und teilweise aggressiv. Instrumental werden wieder Doomelemente in das Geschehen eingebunden, die später wieder in temporeichere Phasen übergehen.

Das nächste Stück ist Sentimental Giants. Nach ruhigen, gefühlvollen Gitarrenanschlägen setzten die Deathvocals ein und die Gitarren wirken im Hintergrund aggressiv. Später erfolgt eine Tempoänderung und es findet ein kurzer Sprechgesang statt, der in langsame, gefühlvolle Gitarrenanschläge eingebunden ist. Dann wird das Soundbild voluminös und es mischen sich „leidend“ klingende Vocals ein. Die Gitarren sorgen im Hintergrund für einen melodischen Einfluss. Es folgen Tempovariationen, die durch druckvolle und mit Melodie durchsetzte Gitarrenarbeit, sowie dunklen Gesang geprägt sind.
Liebe wird zu Rost, Vertrauen zu Staub! Wir verdrängen Erinnerungen. Das Gewicht des Schmerzes ist nicht zu halten, wir zählen kolossale Narben, heißt es im Text. Nur Giganten könne den Himmel berühren! Es ist also Zeit zu wachsen, es ist Zeit zu fliegen heißt es in den kryptisch gehaltenen Lyrics.

Der vorletzte Track lautet Sleepwalker – (In Yesterday´s Smoke). Ein Schlafwandler befindet sich in seinem ausgewählten Zuhause, in seiner gewählten Heimat, dem eigenen Reich der Träume. Irgendwo zwischen Sonne und Mond folgt er einer alten Linie. Er ist der Einzige, der die Schlinge lösen kan. Am Ende des Songs heißt es: Irgendwo zwischen Raum und Zeit, kollidierende Seelen, Tag und Nacht. Nur mit tauben Ohren finde ich Frieden.
Musikalisch werden die Lyrics durch Schlagzeugsalven, die Gitarren und aggressive Growls umgesetzt. Im Anschluss begleitet die Vocal Gitarre den Gesang. Später wird das Soundbild voluminös, wobei sich eine Gitarre immer wieder in den Vordergrund schiebt und die Growls dadurch entsprechende Aussagekraft entwickeln. Es erfolgt ein Tempowechsel. Schleppender Gitarrensound mit melodischem Hintergrund, intensiv ausgeprägte Vocals und ergänzende Schlagzeugbeats prägen das dunkel wirkende Geschehen. Später treten die Saiteninstrumente unter markantem Gesang in den Vordergrund. Dann geht das Schlagzeug in den Tempomodus, die Gitarren halten durch helle Tonfolgen mit und bilden zusammen mit den Death Growls ein intensives Klangbild ab.

Der finale Song ist Trivial Heart. Es erfolgt ein melodisch druckvoller, instrumentaler Beginn. Tiefe Growls wirken dominant und das Schlagzeug sowie die Gitarren erzeugen einen melodischen Einfluss. Im Hintergrund kommen immer wieder Doomelemente mit unterschiedlicher Betonung zum Vorschein, wobei der Death Part vordergründig wirkt. Die Gitarren spielen im Verlauf Melodie ein und das Schlagzeug sowie die ansprechenden Vocals sorgen für eine harmonische Struktur. Dann folgt eine etwas progressive Phase, die in eine intensive Gitarrenarbeit mit dunklen Growls übergeht. Zum Schluss des Songs erzeugen die Gitarren helle Tonfolgen und es werden unterschwellig doomige Einflüsse eingebaut. Das Stück endet durch langsame Gitarrenanschläge und wie zu Beginn durch Windgeräusche.
Die Lyrics erzählen von einem Herzen, das unter einer schweren Last, Einsamkeit sowie Tristesse leidet und versucht für sich selbst Trost zu finden.

Fazit:
Mit Your Sunset / My Sunrise veröffentlichen Décembre Noir ein Werk, das dem Hörer bei intensivem Erleben der Musik die Möglichkeit bietet, auf eine emotionale, musikalische Reise zu gehen. Die Death Doomer aus Thüringen haben in ihrem inzwischen fünften Studioalbum zwar die melodischen Death Metal Strukturen in den Vordergrund gestellt, nicht ohne jedoch eine Reihe von Doomeinflüssen, meist im „Untergrund“ des Klangbildes zu platzieren. Hervorzuheben sind auch die eingängigen Riffs, sowie die intensiven und flexibel ausgerichteten Vocals. Der Tonträger bietet sich für ein gefälliges, aber besonders auch für ein intensives Hörerlebnis an. Es handelt sich nach Meinung des Verfassers dieser Zeilen um ein sehr gut durchdachtes und empfehlenswertes Werk, bei dem man vor allem bei mehrmaligem Hören viele Nuancen entdecken kann. Die Texte beinhalten wie schon erwähnt, viele depressive Gedanken und einiges an Schwermut. Sie sind alle kryptisch dargestellt. Dadurch ergibt sich ein hoher Interpretationsspielraum bei den Lyrics. Zu bekommen ist das Album als Vinyl LP oder als CD und sollte in keinem Plattenschrank fehlen.

Verfasst im Oktober 2023
von Roland Hesse