CD Review: Seltar – Autoscopia

Seltar ist ein US-Projekt, das genau so mystisch erscheint wie sein für die Außenwelt unbekannter Urheber, der sich Invierno nennt. Die Texte des Albums sind in spanischer Sprache verfasst. Die Lyrics handeln von einem Reich in der Antike, das leere Körper beheimatet, die sich in einer dunklen, melancholischen Atmosphäre befinden. Durch eine kosmische Energie, welche durch die Vorfahren erzeugt wird, verlassen die Körper ihr Hüllen. Die Transzendenz bleibt, das Ego wird aufgegeben. Der Geist blickt zurück auf sein Irdisches ich und wird zu einer Vision gelangen, die durch Autoscopia auf eine spektrale Ebene geführt wird.
Diese kosmische Reise spielt sich musikalisch in der Sphäre des atmosphärischen Black Metals ab!

So lautet der erste Titel des Werkes Aurora. Dieser Track beginnt langsam und melodisch. Dann setzt das Schlagzeug temporeich im Black Metal Stil ein und die Gitarren bilden den musikalischen Hintergrund ab. In die folgende „Melodienwand“ dringen die passenden Screams ein und vermitteln dem Soundbild eine abermals melodisch durchsetzte, schwarzmetalische Atmosphäre. Im Anschluss erzeugen die Saiteninstrumente eine einprägsame Hookline.
Das Schlagzeug klopft unermüdlich weiter, die Gitarren behalten ihre melodischen Strukturen und die Vocals berichten im Rahmen der kosmischen Reise von Abgründen die Wolken aufsaugen und von Flüssen, die auf ihrem Weg zum Meer Geschichten in die Steine gravieren. Sie existieren seit Anbeginn der Zeit.
Zur Handlung passend erfolgt ein Melodienteppich der mit einem nachfolgend schnellem Schlagzeugspiel wieder in eine einprägsame Hookline mündet.
Nach gezupften, langsamen Gitarrenlauten kann man abermals bis zum Ende des Songs noch einige melodische Töne in den Gehörgängen verspüren.

Song Nummer zwei lautet Niebla. Die Saiteninstrumente und das Schlagzeug gehen hier gleich auf Tempo! Die Gitarren erzeugen eine Hintergrundmelodie. Dann setzen die Screams ein, die einen passenden, halldurchzogenen Eindruck ausstrahlen ohne jedoch den melodischen Einfluss des Songs zu unterwandern. Im Verlauf des Stückes bilden sich immer wieder sehr melodische
Strukturen aus, die durch den Gesang wieder passend den Text abbilden.
Es geht hier wohl um den Astralleib, der die Seelenwanderung durchführt und am Ende in unerforschte Dimensionen mündet. Es wird dort die Feststellung getroffen, dass alles, was man gewesen ist, nicht mehr existiert und man sich auf einer Ebene ohne Anfang und Ende befindet.
Weiter geht es durch eine Tempoverlangsamung und eine melancholisch wirkende
Gitarreneinspielung. Nach einem Basseinsatz und einer Temposteigerung, die durch das Schlagzeug eingeleitet wird, erfolgt ein gespenstischer, mit Hall durchsetzter Gesang. Später wird es abermals sehr melodisch und die Screams begleiten den Song zwischendurch immer wieder mal mit einem mystischen, gruseligen Klangbild.

Vacio ist der nächste Track des Albums. Nach einem längeren Präludium sind zunächst die Gitarren für die einleitenden Klänge verantwortlich. Dann ergänzen gefühlvolle Screams den Song. Langsam und bedächtig geht es weiter. Plötzlich geht das Schlagzeug in einen Vollspeed Modus. Qualvoll anmutende Vocals setzten ein und die Gitarren unterstützen im Hintergrund. Dann geht das Stück in die mystisch-dunkle Richtung. Im Verlauf erzeugen die Gitarren wieder melodische Einflüsse, die durch den Gesang vertieft werden und eine angenehme, ruhige Stimmung verbreiten.
Textlich geht es um eine tiefe Leere und ausgelöschte Sterne. Aus der Ferne sieht sich der Protagonist selbst und wünscht sich seine Ankunft bei dem am weitest entfernten Satelliten, gesättigt mit Strahlen.

Im vierten und letzten Song des Silberlings, der den Titel Regresaré trägt, geht es um die Rückkehr der beschriebenen Person. Das Unglück nimmt die physische Existenz und als gefangener Geist erwartet der Protagonist sein Ende. Im Vertrauen auf die Unsterblichkeit und in der Hoffnung zurückzukehren, entwickelt er die Sehsucht nach dem Einatmen von frischen Gerüchen in der Morgendämmerung.
Musikalisch beginnen die Gitarren, bevor die Screams einsetzen. Das Soundbild wird in der Folge voluminöser und geht in Verbindung mit dem Gesang in melodische Gefilde über. Die Vocals erscheinen nun mystisch und leiten zusammen mit den Instrumenten eine langsame Phase ein.
Dann erzeugen die Gitarren wieder eine eingängige Melodie. Später erfolgt eine Temposteigerung, bei der die Saiteninstrumente und das Schlagzeug kräftig mitmachen, wobei die Gitarren ihren melodischen Einfluss bis zum Schluss beibehalten.

Fazit:
Autoscopia von Seltar stellt einen spannenden Zusammenhang zwischen dem dunklen textlichen Inhalt, der intelligent kryptisch verpackt ist, dar und füttert diesen gleichermaßen mit spannenden schwarzmetalischen Tonfolgen, die durch melodische Parts und einprägsame Hooklines bereichert werden. Die Screams wechseln von dunklen und qualvollen bis hin zu aggressiven Parts. Insgesamt handelt es sich um ein ruhiges, mit sehr viel Melodie durchsetztes, jedoch nicht melodisch überladenes Werk. Der unsichtbare Autor und Komponist hat ein spannendes und gleichermaßen auch zur Nachdenklichkeit, vielleicht auch zum Träumen anregendes Album geschaffen, das sehr zum Hören anregt. Datum der Veröffentlichung über Casus Belli / Beverina ist der 1. Oktober 2021. Die limitierte CD ist auf 100 Stück begrenzt. Im Januar 2022 soll auch eine Vinyl-Edition erscheinen, die nach Ansicht des Verfassers dieser Zeilen unbedingt in den Plattenschrank gehört.

BandSeltar
AlbumAutoscopia
Titel1. Aurora 10:45
2. Niebla 12:23
3. Vacio 10:41
4. Regresaré 9:21
LabelCasus Belli Musica / Beverina Productions
GenreAtmospheric Black Metal
StudioalbumNr. 2
Veröffentlicht01. Okt. 2021
HerkunftUSA / New Jersey
Gründung2015
MembersInvierno: Soloprojekt

Verfasst im September 2021
von Roland Hesse

 

 

 

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